Digitaler Unterricht

Digitaler Unterricht in digitalen Klassenzimmern

Digitaler Unterricht ist die Lösung für das Bildungskonzept der Zukunft in Deutschland und in anderen Ländern. Ständig müssen wir uns anhören, dass Deutschland bei der Digitalisierung im Vergleich zu anderen Ländern weit abgeschlagen ist. Der Vergleich hinkt oft, weil Länder mit weniger Fläche und weniger Menschen leichter digital zu bespielen ist als Deutschland. Jedoch haben wir klare Schwächen in der Digitalisierung, die uns immer wieder im Alltag auffallen. Schwankende Internetleitungen, kein Netzausbau im nahen Umfeld von Großstädten und fehlende digitalisierte Lösungen in beinahe allen Bereichen. Häufig müssen wir noch zu den Ämtern fahren und das einzige digitale Angebot hier ist mit etwas Glück der Online-Termin. Private Unternehmen sind da bereits viel weiter. Neue Versicherungen oder Bankkonten werden mit digitalen Verifizierungen auf dem Smartphone oder am Desktop mit der Webcam durchgeführt.

Der Traum vom digitalen Klassenzimmer

Vor einigen Jahren wechselte meine damalige Freundin von einer städtischen Schule zu einer Privatschule. Sie feierte bereits vor dem ersten Arbeitstag ihre neue Ausrüstung, denn ab dem Jobwechsel war digitaler Unterricht endlich zu einem wahr gewordenen Traum für sie geworden. Als junge Lehrerin hatte sie feste Ziele für genau den Unterricht, den sie an der Schule und an der Universität vermisst hatte. Feste Klassenräume für alle Lehrer, ein Lehrer-Computer in jedem Klassenraum und ein digitales Whiteboard ersetzte die klassische Tafel.  Das Jahr 2020 steht ganz im Zeichen von Corona und die Diskussionen über den digitalen Unterricht bestimmen die Schlagzeilen. Es fehlt den Schulen an Kompetenz, Geld und technischem Equipment, um die Schulen soweit zu digitalisieren, dass die Schüler von Zuhause über mobile Endgeräte dem Unterricht folgen können. Mit Hilfe von günstigen Online-Kursen bringen sich die Menschen heute bereits die komplexesten Themen selbstständig bei, aber wir unterrichten unser Kinder nach dem Motto „wie immer“.

Ich selbst habe vor einigen Jahren eine Gruppe aus 20 Menschen aus ganz Deutschland mit Hilfe des nun jedem bekannten Wortes  „Hybridunterricht“ unterrichtet. Digitaler Unterricht für acht Stunden am Tag und fünf Tage in der Woche. Es lief reibungslos ab und die Teilnehmer*innen überhäuften mich mit viel positivem Feedback. Immer wieder arbeite ich noch als Dozent oder rede auf Bühnen vor Menschen, aber häufig ist digitaler Unterricht keine Option, da die technische Ausstattung in Bildungsinstituten, in Kongresszentren oder auf Messen häufig unterirdisch ist.

Die Vorteile und Nachteile von Hybridunterricht

Was ist Hybridunterricht?

Unter Hybridunterricht ist die Verknüpfung von Präsenzunterricht und Online-Unterricht gemeint. Ein Lehrer steht ganz normal in einem Klassenzimmer vor einem Teil seiner Klasse und unterrichtet. Der andere Teil der Klasse schaut den Unterricht von Zuhause aus, kann aber mit den Präsenzschülern interagieren. Im Optimalfall ergeben sich keine Nachteile für die Online-Schüler gegenüber den Präsenzschülern. In den letzten Monaten wurden noch die Synonyme „integriertes Lernen“, „Blended Learning“ und „hybrides Lernen“ immer wieder verwendet, aber alle Begriffe meinen genau diesen Prozess.

Vorteile von Hybridunterricht

Erstmal steht es so jeden Eltern frei sein Kind zur Schule zu schicken oder dieses von Zuhause am Unterricht teilnehmen zu lassen. Das ist der größte Vorteil, denn wenn Eltern ebenfalls im Homeoffice sind und die Kinder in einem entsprechenden Alter sind, dann können diese auch von Zuhause dem Unterricht folgen. Ich frage mich sowieso immer, wieso das in den Medien nur allgemein für alle diskutiert wird. Ich denke mal, dass Schüler*innen ab spätestens 14 Jahren ohne Probleme auch Zuhause lernen könnten. Ein weiterer Vorteil ist eigentlich die Übungen im Umgang mit digitalen Medien. Das „eigentlich“ fügte ich hinzu, weil eben auch die Lehrer nicht alle über die entsprechenden Kompetenzen rund um die Digitalisierung verfügen. Eine Schulung muss so auf beiden Seiten stattfinden. Jedoch wäre ein Unterricht mit dem Einsatz von modernen Medien, wie Social Media-Kanäle, digitale Tafelbilder und allgemein aus dem Internet ein großer Fortschritt für den Unterricht. Ich habe mein Abitur im Jahr 2006 gemacht und kann mir eine Schule mit Smartphones nicht vorstellen. Ohne die Einbindung der Smartphones in den Unterricht stelle ich es mir höllisch vor, aber mit der Einbindung eher himmlisch. Auch hier kommt es auf die Bereitschaft und Kreativität des Lehrers an.

Nachteile von Hybridunterricht

Der größte Nachteil ist die Benachteiligung armer Schüler*innen, dessen Eltern sich kein Internet und die entsprechenden Hardware leisten können. Ein Computer mit Webcam, Mikrofon und einem schnellen Internetanschluss muss schon vorhanden sein, damit das eigene Kind ohne Hindernisse am Hybridunterricht teilnehmen kann. In den ersten Städten in Deutschland wurden bereits mobile Endgeräte angeschafft und verteilt, wie hier zum Beispiel in der Stadt Essen. 20.000 Tablets wurden für alle Lehrer und bedürftige Schüler*innen angeschafft und werden nun verteilt. Dies reicht zwar nur für einen Bruchteil der Schülerschaft, aber ist immerhin ein Anfang und ein positives Signal für eine digitale Aufbruchstimmung. Oben habe ich schon den Schulungsaufwand für Lehrer*innen und Schüler*innen aufgezeigt, bis die Tablets in einem digitalen Klassenzimmer effektiv zum Einsatz kommen können.

Die heutigen Möglichkeiten der Zusammenarbeit über Software, Programme und Apps sind war vorhanden, aber dennoch müssen wir den fehlenden sozialen Kontakt auch als Nachteil von hybridem Unterricht erwähnen. Digitaler Unterricht ist gleichzusetzen mit meiner aktuellen Homeoffice-Situation. Ich vermisse die Schwätzchen mit meinen Mitarbeiter*innen, die gemeinsamen Mittagessen und der persönliche Austausch über die Arbeiten an einem Projekt. Microsoft Teams und Zoom helfen enorm bei der Organisation von Teamarbeiten aus dem Homeoffice heraus, aber dennoch kehrt auch ein wenig die Einsamkeit ins Arbeitsleben ein. Ähnlich wird es Schüler*innen gehen, die in den Pausen nicht mehr auf dem Schulhof mit ihren Freund*innen gemeinsam Spaß haben können. Gechattet wird bereits nach der Schule und dann am besten über die gemeinsame Zeit, aber dies geht mit digitalem Unterricht nur noch stellenweise.

Digitaler Unterricht ist technisch problemlos möglich

Auf der Suche nach geeigneten Best Practice-Beispielen habe ich eine wunderbare Erklärung über die Durchführung von digitalem Unterricht gefunden. In den Videos und Grafiken sehen wir das digitale Klassenzimmer, so wie es sein soll. Ich habe bereits 2013 und 2014 auf diese Weise die Menschen aus ganz Deutschland gleichzeitig unterrichtet. Ein Teil saß mir im Seminarraum direkt gegenüber und der andere Teil konnte uns alle hören, aber aus datenschutzrechtlichen Gründen nur mich sehen. Ich arbeitete an einem digitalen Whiteboard und schickte meine spontanen Tafelbilder per Mail an alle Teilnehmer*innen. Das hat großen Spaß gemacht, aber bedeutet natürlich für mich als Dozent neues Unterrichtsmaterial vorzubereiten. Wenn ich schon als Lehrer*in die Möglichkeiten des Internets im Unterricht nutzen kann, dann sollte dies auch eingesetzt werden.

Ideen für den digitalen Unterricht

Ob im Biologieunterricht über das Coronavirus geredet wird, das Grundgesetz im Politikunterricht oder der Geschichtsunterricht die aktuellen Aussagen gewisser Parteien mit dem historischen Kontext vergleicht, zu allen Themen lassen sich Unterrichtsinhalte mit Hilfe von Tweets, Facebook-Beiträgen und YouTube-Videos erarbeiten.  Im Leistungskurs Geschichte haben wir die Reden aus dem Nationalsozialismus und die damals aktuellen Parteiprogramme rechter Parteien auf Propaganda untersucht. Wieso dies nicht heute mit aktuellen Social Media-Inhalten machen? So können Schüler*innen den Umgang mit den neuen Medien direkt erlernen und werden nicht unwissend auf sie losgelassen. Viele Teildisziplinen der zu unterrichtenden Medienkompetenz lassen sich mit digitalem Unterricht kombinieren.

DigitalPakt Schule stellt Finanzmittel bereit

Der DigitalPakt Schule ist für die Anschaffungen des technischen Equipments und für die digitale Infrastruktur gedacht, die Schulen in diesen Zeiten benötigen. Jedoch habe ich vor wenigen Wochen noch bei Radio Köln gehört, dass keine Schule aus Köln auch nur einen Antrag bislang gestellt habe. Bekannte von mir haben mir auch gesagt, dass die politischen Strippenzieher und der bürokratische Aufwand die Nutzung dieses sinnvollen Förderprogramms immer wieder behindern. Ich stelle aber hier auch mal die These auf, dass gewisse Lehrer*innen und Rektor*innen den Aufwand scheuen, um ihre Schule in der digitalen Welt zu begrüßen. Vielleicht sollten die Bundesländer gewisse Prämien für engagierte Lehrer*innen ausschreiben, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigen. Während des Unterrichts wird dies nicht möglich sein. Engagierte Lehrer*innen, die Konzepte in der Freizeit entwerfen, um digitalen Unterricht auf die Beine zu stellen, sind wahrscheinlich rar.

Wie viel Zeit investieren wir in unserer Freizeit für den Arbeitgeber? Dann noch, wenn die Verbeamtung uns einen sicheren Arbeitsplatz beschert. Ich möchte keine Vorwürfe aussprechen, aber wir müssen uns dem Thema anpassen.

Wie sieht der aktuelle Schulalltag bei deinem Kind aus? Freue mich über Austausch in den Kommentaren. Ist digitaler Unterricht die Lösung, die Zukunft oder beides?

Bildquelle: Pixabay-User steveriot1

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.